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Heinrich Kämpchen
Altendorf
Mein Altendorf, du liebliches Gelände
Am schönen Ruhrafluß, ich grüße dich!
In dir hab’ ich das Licht der Welt erblickt
Und meine Wiege hast geschaukelt du
Mit Lust und Zärtlichkeit, viellieber Ort.
Hellglänzend, wie ein Silberband, so fließt
Die Ruhr zu Füßen dir, du aber dehnst,
In reizendem Gemisch von Feld und Hag,
Vor meinen Blicken dich – lachend und schön.
Mag auch der Vielgereiste deinen Wert
Bewundern nicht wie ich, der ich dein Sohn –
Und stolzer mag der Rhein und prächtiger
Die Wogen wälzen durch noch schön’re Au’n,
Als deine sind – du bleibst mir darum doch
Der liebste Flecken Erde – Heimatdorf. –
Und bist du schön und lieblich immerdar,
Wie herrlich prangst du erst zur Maienzeit
Im Schmuck der Blütenbäume, weiß und rot!
Kaum lugen deine Giebel noch hervor
Aus all dem Grün – die Burgruine nur,
Obwohl des Zinnenkranzes längst beraubt,
Schaut über dich hinweg in’s Land so weit.
Die alte Burg, wie ist sie mir vertraut
Mit Wall und Turm und finst’rem Mauerwerk!
Wie oft hab’ ich durchstöbert ihr Verließ
Und nach verborg’nen Schätzen dort gesucht
Als kleiner Knabe und war hochbeglückt,
Bracht’ ich auch bunte Scherben nur nach Haus. –
Nach Haus – o nein – es war ein Häuschen nur
Mit nied’rem Dach und weißgetünchter Wand –
Doch Vater, Mutter machten es zum Schloß,
Zum Paradiese mir. – Noch steht es heut’,
Bewohnt von fremden Menschen – ich, sein Sohn,
Hab’ längst kein Anrecht mehr am Vaterheim. –
Großmütterchen, auch dein gedenk ich hier
Und deiner Lieb und Sorge – lange schon –
Du Hüterin der früh’sten Jugend mein,
Deckt mit den guten Eltern dich die Gruft. –
Doch, sind die Liebsten tot, die Stätte blieb
Wo sie gewaltet, wo ich glücklich war
Als Kind bei Kindern – die Erinn’rung lebt
Im Herzen mir, so reich an Lust und Freud’. –
Ihr Heimatfluren, alle grüß’ ich euch!
Du Dornhag, wo die Erdmännlein gehaust
Vor grauen Zeiten und gar emsiglich
Ihr Werk verrichteten bei stiller Nacht.
Du Hellersiepen und du Heimachgrund,
Wo mit dem Vater ich lustwandelnd ging,
Und wo der schwarze Mann mich einst erschreckt,
Der plötzlich aus dem Schoß der Erde stieg. –
Nicht immer, Heimach, lagst du still wie heut’
Und Roß und Reisige belebten dich
Mit Waffenklang und munt’rem Hornesstoß.
Ging doch der Schloßweg durch dich hin zur Ruhr,
Vom Altendorfer Schloß zur Burg nach Horst,
Und nachbarlich verkehrten ihre Herrn
Im lustigen Gelag’ bei Spiel und Wein.
Zur Jagd und Fehde zog durch dich der Troß,
Zur Reiherbeize ritt die Edelfrau
Auf schmuckem Zelter und der Falke stieg
In Lüften hoch, um nach dem Wild zu späh’n.
Verklungen lange ist der Jagdruf schon,
Verschollen und verweht im Sturm der Zeit. –
Zuweilen nur, in stiller Mittagstund’,
Tönt’s noch, verloren fern, wie Hifthornklang
Und Jagdmusik durch deinen stillen Grund. –
O Heimat, Heimat, wie bist du so schön!
Und mußt’ ich, traute, früh dich lassen schon,
Die Eltern zogen fort – in Lieb’ und Treu’n
Hab’ ich doch dein gedacht stets für und für. –
Du bliebst, verklärt vom ersten Kindestraum,
Das Herrlichste von allem, was ich sah
Auf meinem Lebensgang. – Wohin mich auch
Das Schicksal hat geführt – in Lust und Schmerz
Gabst du Geleite mir, o Heimatbild. –
Nun, wo im Spätherbst meines Lebens ich,
Ein müder Wand’rer, fast am Ziele steh’,
Grüß’ ich dich wieder, liebliches Gelände
Am schönen Ruhrafluß, und denke dein
In Lieb’ und Dankbarkeit, mein Altendorf.